Der Versicherungsvermittler und die "fetten Provisionen"

In schöner Regelmäßigkeit wird man als Versicherungsvermittler damit konfrontiert, dass man an einem Abschluss ganz schön viel verdienen würde, teilweise ist sogar von "fetten Provisionen" , die man sich mit wenig Arbeit einstreichen würde, die Rede. Gefördert wird diese Meinung zum Teil auch von der Presse, wie in diesem Artikel vom Handelsblatt. Ist man als Versicherungsvermittler wirklich so ein Großverdiener?

 

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Bild: Adobe Stock/Tobif82

Was viele Leute nicht wissen, dass es in der Lebens- und Krankenversicherung eine sogenannte Stornohaftungszeit von fünf Jahren gibt. Das bedeutet, dass man die erhaltene Provision anteilsmässig zurückzahlen muss, wenn der Vertrag entweder vorzeitig gekündigt oder aus anderen Gründen beendet wird. Das bedeutet, das jeder Vermittler seinen "Lohn" im Prinzip erst nach fünf Jahren final verdient hat. Stellen Sie sich doch einfach mal vor, Sie müssten nach Jahren ein Teil Ihres Einkommens an Ihren Arbeitgeber zurückzahlen - unangenehme Vorstellung, oder???

 

 

Zwar  wird vom Abrechnungspartner auch ein Teil dieser Provision als Stornoreserve einbehalten, blöderweise werden Rückzahlungen allerdings nicht von dieser Reserve beglichen, sondern müssen umgehend an den Provisionsgeber zurückbezahlt werden; an die Stornoreserve wird einem erst nach fünf Jahren ausgezahlt. Ungemütlich wird es dann, wenn mehrere provisonlastige Verträge zeitlich storniert werden; unter Umständen hat man mit den "fetten Provisionen" seine monatlichen Fixkosten bezahlt: Miete, Auto, Software,Versicherungen private Kosten usw...

 

Lebens- und Krankenversicherungen für Kunden unattraktiv 

 

Dazu kommt, dass durch die Niedrigzinsphase Lebensversicherungsprodukte aktuell für den Kunden sehr unattraktiv sind; die Kundenanfragen sind stark zurückgegangen. Auch staatlich geförderte Produkte wie Riester sind nicht stark nachgefragt, da die Politik durch ihre Zankerei über die Sinnhaftigkeit dieser Produkte die Kunden verunsichert. Gleiches gilt für die Private Krankenversicherung: Zinstief, Kostensteigerungen im Gesundheitswesen und längere Lebenserwartungen tragen dazu bei, dass Kunden sich 2- oder 3 mal überlegen, ob sie sich privat krankenversichern möchten. Das hat zur Folge, dass Vermittler, die ihren Umsatz hauptsächlich mit diesen Sparten machen, über kurz oder lang ein Problem auf der Einnahmenseite bekommen werden.

 

Spezialisierung auf Sachverträge keine kurzfristige Lösung

 

Manche Kunden haben, wenn es um Hausrat, Haftpflicht oder die KFZ-Versicherung geht, die Sache mit den hohen Provisionen im Hinterkopf und sind der Meinung, dass man an den einzelnen Verträgen Unsummen verdient. Wenn man ihnen dann aber vorrechnet, dass man für die gewünschte supergünstige KFZ-Versicherung beim Direktversicherer 10 Euro verdient, aber mit allem Drum und Dran über eine Stunde Arbeit hatte, liegt man sich hier schon auf Mindeslohnniveau. 

Hier geht es über die Masse: Viele Kunden mit Sachverträgen, die eine jährliche Courtage abwerfen, ein Geldbetrag, mit dem man als Kaufmann fest planen und kalkulieren kann. Gut ist, wenn man einen Bestand gekauft oder geerbt oder sich über die Jahre selbst aufgebaut hat - schlecht, wenn man neu in der Branche ist und seien Tätigkeit über einen längeren Zeitraum vorfinanzieren muss.

Provisionsverbot als Lösung?

 

Immer wieder kommt die Idee auf, einfach die hohen Einmalprovisionen zu verbieten und nur noch eine jährliche Bestandscourtage auszuzahlen oder sogar komplett auf die Provisionen zu verzichten und die Kunden einfach die Beratung bezahlen zu lassen. 

Ich hätte damit kein Problem, denn wenn ich jede Beratung, die ich in 12 Jahren Tätigkeit durchgeführt habe, direkt mit dem Kunden abgerechnet hätte, ich vermutlich höhere Einnahmen gehabt. Mancher wird jetzt ungläubig mit dem Kopf schütteln, und sich fragen, ob das sein kann. Ja, das kann sein, sage ich.

 

Eine Beratung zu einer privaten Krankenversicherung ist sehr zeitaufwendig; dazu kommt das Haftungsrisiko. Wenn man hier einen Stundensatz von 100 Euro ansetzt und auch noch Kosten für An- und Abfahrt summiert, kann auch der Abschluss einer PKV zwischen 1000 und 1500 Euro kosten. 

 

 

 Da stellt sich doch die Frage, welcher Kunde bereit ist, solche Summen auf den Tisch zu legen - selbst wenn es die Hälfte wäre. Viel zu hoch dürfte mancher sagen, nur kaum einer weiß, wieviel Bürokratie an einem Vertragsabschluss mittlerweile hängt: Beratungsdokumentation erstellen, alle laut VVG notwendigen Unterlagen zusammenstellen und auf eigene Kosten ausdrucken, Vorverhandlungen mit dem Versicherungsunternehmen, ob eine Annahme überhaupt möglich ist, Nachbearbeitungen usw...

 

Sollte ein solches Provisionsverbot kommen, werden zahlreiche Vermittler ihre Tätigkeit einstellen, denn niemand arbeitet gerne umsonst...

Policenschreck-Podcast:

Schluss mit den Vorurteilen gegenüber Versicherungs-vermittlern

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Audioblog: Fette Provisionen


Fazit: Den Versicherungsvertreter, der mit einer einzigen Unterschrift "fette Provisionen" einstreicht, gibt es so nicht mehr. Bürokratie, gesetzliche Vorgaben bezüglich Haftung und Dokumentation fressen diese Einnahmen auf. Wer mit wenig Arbeit viel Geld verdienen will, ist hier definitiv falsch.

 

Kontakt zu: Thomas Renker - Versicherungsmakler Rüsselsheim